Freitag, 31. Oktober 2008

Temperatursturz

Ich sitze gerade im Flugzeug, 8:20 Indische Zeit, 3:50 Deutsche Zeit. Irgendwo über dem Schwarzen Meer. Das mit dem Schlafen habe ich mir heute Nacht ganz gespart. Ich komme nämlich gerade nach Deutschland. Außerdem kann ich auf den Economy-Sitzen nicht schlafen. Und meine Firma zahlt leider keine Business.

Und schon wieder gibt es Dinge in Deutschland, auf die ich mich ganz besonders freue. Zum Beisiel freue ich mich unglaublich auf das wunderbare deutsche Novemberwetter!
Nachdem in Mumbai der Monsun vorbei ist, ist es wieder warm geworden: Tagsüber sind es wieder locker über 35˚.


Was ich jetzt sage, klingt vielleicht ein wenig merkwürdig: Aber ich freue mich drauf, mal zu frieren. Ich freue mich mal, tagsüber nicht in Schweiß zu versinken, sonder einfach mal zu zittern.

Das sollte mir nicht allzu schwer fallen, weil ich mich mittlerweile an die Temperaturen gewöhnt habe (meine Wohnung hat konstant über 27˚) und zum anderen habe ich keine Wintersachen mehr. Bzw. nur noch sehr vereinzelt.

Man hat mir schon prophezeit, dass ich das Frieren genau 2 Minuten genießen werde. Wenn überhaupt. Vielleicht stimmt das. Aber diese 2 Minuten werden großartig!

2˚ und Regen... ICH KOOOOOMMEEEE!!!

Montag, 27. Oktober 2008

Diese Armut kotzt mich an

Gerade noch rumgetönt, dass ich mich hier unten an fast alles gewöhnt hätte... Und dann das: Gestern habe ich festgestellt, dass ich doch ein Mensch geblieben bin. Ein Mensch, an dem die täglichen Eindrücke doch nicht ganz spurlos vorbei gehen.
Ich war gestern mal privat mit einem Zug unterwegs, und als gut erzogener Junge habe ich mir selbstverständlich eine Fahrkarte gekauft. Da stand ich also in der Schlange vor dem Schalter stand, wurden 3 Kinder auf mich aufmerksam. 3 bettelarme, zerrissene, zerzauste, dürre und total armselige Gestalten zwischen vielleicht 3 und 5 Jahren.
Überall ließt man: "Den Kindern bloß nichts geben, schon gar kein Geld! Die sind alle in Banden organisiert und sehen extra so armselig aus!" Ja. Das klingt super. Aber ignorier diese Armut mal, wenn die Kinder an dir hochspringen, sich an dich klammer, vor dir liegen und deine Füße küssen...

Versuch mal einfach darüber hinwegzugehen, dass auf dem Weg nach der Nachtschicht, der Gehweg gepflastert ist mit Familien, die da wohnen. Und zwar "Wohnen" mit allen Konsequenzen. Auf dem Weg ZUR Nachtschicht, haben die Eltern dieser Familie an weiterem Nachwuchs gearbeitet. Um halb 10 mitten im Berufsverkehr. Also Berufsverkehr im Sinne von Rush Hour...

Schläft der? Stirbt der? Oder ist er schon tot? Keine Ahnung. Keinen interessierts. Ich muss zur Arbeit.
Und die leben noch. Aber was ist das bitte für ein Leben?

Und was, VERDAMMT NOCH MAL, ist das für ein beschissenes Scheißland, das die eigenen Einwohner so elendig verrecken lässt und dann 100 Millionen Dollar dafür ausgibt, eine Fahne auf den Mond zu schießen? Oder den Russen 1,5 Milliarden für nen ausrangierten Flugzeugträger in den Hintern bläst?
Und dann lese ich so Sätze: "Indien ist das Schönste Land der Welt", "Von Indien können wir noch viel lernen" und so einen Dreck.
Ich halte mich da lieber an Max Liebermann: "Ich kann gar nicht so viel fressen, wie ich kotzen möchte!"

Montag, 13. Oktober 2008

Noch ein bisschen aus dem Arbeitsalltag

Es heißt immer, der Mensch kann sich an fast alles gewöhnen. Das ist richtig. Vor einem Jahr habe ich mich noch über die Arbeitseinstellung von vielen Indern gewundert. Mittlerweile ist es völlig normal, dass vielfach einfach nur rumgesessen wird. Oder dass 5 Leute das machen, was in Deutschland einer macht.
Zum Beispiel zu fünft auf zwei Leitern. Und ein Supervisor sitzt noch in der Oberleitung und schaut zu.
Ich gebe zu, dieses Foto habe ich nur gemacht, weil ein paar Leute aus Deutschland das so überraschend fanden. Wenn ich so tagtäglich durchs Depot laufe, sehe ich sowas immer wieder. Gewohnheit - schätze ich.

In Deutschland gibt es ein Sprichwort: Säge nicht an dem Ast, auf dem du sitzt. In Indien heißt es wahrscheinlich "Schweiße nicht an dem Träger, auf dem du sitzt" Naja. Mindestens einer hats nicht verstanden. Aber Ok. Was störts mich!?

Wärend in Deutschland an Feiertagen bestenfalls die Tatsache genossen wird, dass man frei hat, werden in Indien Feiertage mit einer großen Ernsthaftigkeit gefeiert. Zugegebenermaßen weiß ich nicht, WAS hier gefeiert wurde,
aber Fakt ist: An diesem Tag danken wir unseren Werkzeugen und geben ihnen frei. Ja. Die Kombizange, der Computer und das Messgerät hatten frei an diesem Tag. Wir nicht. Nur das Werkzeug.
Vor einem Jahr hätte ich mich noch mächtig gewundert, was das soll. Jetzt hab ich einfach ein Messgerät als "christlich" definiert. Dann braucht es keinen Hindu-Segen. Und ich kann meine Arbeit machen.

Samstag, 4. Oktober 2008

Meine Wohnung

Es gibt Dinge, über die ich besonders froh bin, seit ich weiß, dass meine Zeit hier in Indien zu Ende geht.
Einer der größten Pluspunkte ist meine Wohnung - Bei der Vorstellung hier noch 9 Monate länger zu wohnen schauderts mich.

1. Wegen dem Schimmel
Der Monsun hat die Außenwände durchgeweicht. Das Wasser drückte durch die Wände in die Wohnung... Da konnte ich an den ganz schlimmen Tagen morgens und abends die Wohung wischen. Zwar ist der Monsun jetzt vorbei - aber was passiert wohl mit nassen Wänden, die nur langsam abtrocknen... Naja: Den Schimmel kann man ja größtenteils wegwischen.
Als ich aus meinem Sommerurlaub wiedergekommen bin, schimmelte auch einer der Sessel schön vor sich hin. Den habe ich jetzt in das unbenutze Schlafzimmer gestellt... da lebt der jetzt weiter.
Also noch eine Regenzeit will ich hier wirklich nicht erleben.

2. Bauliche Mängel.
Gebrochene Fußbodenfliesen - geschenkt.
Schranktüren, die nicht mehr auf gehen - meinetwegen.
Aber: Dass ich 3 mal meine Elektroverteilung überarbeitet habe, damit ich wenigstens in den meisten Zimmern Strom habe, nervt schon.
Schön wäre es auch, wenn es in meiner Küchenwand kein Armeisennest wäre. Oder dass der Ablauf der Waschmaschine nicht jedes zweite mal überlaufen würde. Oder wenn die Toilettenspülung funktionieren würde... Und diese Wohnung war NEU, als ich eingezogen bin!

3. Die Umgebung.
Die Umgebung der Wohnung heißt Mumbai. Das ist das eigentliche Problem. Zwar steht das Haus in einer der besten Gegenden dieses Mollochs, aber so richtig toll ist das immer noch nicht.
Da ist zum einen die Population von Straßenhunden in der Umgebung. Ich hab keine Ahnung, wie viele, aber mindestens 10-15 die alleine um das Haus hier wohnen.
Und die tragen ihre Streitigkeiten zu allen Tages und Nachtzeiten aus.
Zum anderen ist da der Strand. Hier kann man wunderbare Fotos vom Sonnenuntergang machen. Der Nachteil ist aber, dass bei jedem Feiertag ganz Mumbai an den Strand pilgert, Musik macht/hört und Räucherstäbchen gleich tonnenweise abbrennt. Ich bin total für Religionsfreiheit – Solange sie geräuschlos und geruchsneutral ist!
Und zum dritten ist da der unglaubliche Gestank. Nach Müll, Verwesung und was-weiß-ich. Je nach Wind zieht dieser Gestank auch in meine Wohnung. Und das Haus kann man nicht verlassen, ohne einen Kotzkrampf zu bekommen.

4. Sonstiges.
Mein Internet funktioniert. Nachts. Tagsüber nur 5 Minuten am Stück und so schnell wie die Post. Die Klimaanlage im Schlafzimmer klingt nach einem anfahrenden LKW. Und seit 3 Monaten wird die Wohnung über mir renoviert. Mit dem einzigen Werkzeug, das Inder kennen: Dem Hammer.

Ich will hier raus!
11 Wochen noch.